Erstmal: Wenn Sie versierter Bastler sind, ist der Austausch von Motorteilen eine machbare Übung. Wir haben häufig nachgefragte Motorteile auf Lager, und können darüber hinaus weniger oft gefragte besorgen. Es gibt an unseren Motoren eigentlich keine Teile, die sich nicht tauschen oder reparieren liessen.

Die folgende Anleitung bezieht sich zwar schwerpunktmässig auf Reparatur/Tausch von Motorwicklungen, gilt aber natürlich auch für alle anderen Wartungsarbeiten am Motor, bei denen dieser geöffnet werden muss, insb:

• Ersatz des Getriebefettes (zb durch hochwertiges Silikonfett aus dem Modellbau)
• Austausch von Getriebezahnrädern (diese sind Verschleissteile, und bei sehr hohem Gewicht und/oder ständiger Motorüberlastung manchmal schon nach einigen Monaten "Haifischzähne", dh Austauschkandidaten)
• Ersetzen/Austauschen des gesamtes Getriebes incl Freilauf (einfach)
• Reparatur des Freilaufes selbst / check des Hohlrades

Weiters bezieht sich die Anleitung zwar primär auf Getriebemotoren, gilt aber sinngemäss auch für Directdrives. Dort wiederum ist das Öffnen wesentlich einfacher: Inbus genügt, kein Spezialwerkzeug nötig. Zudem entfällt das Getriebe-Gedöns, und die Glocke ist daher in der Nabe fix verbaut, es ist mehr Platz und die Hallsensoren sind leichter zugänglich. (Allerdings gibt es Directdrive Modelle bei denen der Motordeckel an der Nabe zur Erhöhung der Dichtheit festgeklebt ist - je nach genauer Ausführung ist es bei solchen Motoren schwierig bis unmöglich, den Motor zu öffnen).

Zum Tauschen/Reparieren der Wicklung selbst benötigen Sie:

• eine Erstatzwicklung oder Ersatz-Hallsensor(en)
• ein Motor-Öffnungswerkzeug (entweder von uns oder selbst gebaut)
• nur bei HR-Motoren: einen Schraubkranzabzieher
• evt ein Abziehwerkzeug (für den Deckel, die Lager, und die Glocke mit dem magnetischen Material)

Zum Öffnen des Motors gehen Sie am besten vor wie folgt: (Anleitung bezieht sich primär auf die seit Sept 2009 ausgelieferten v2-Motoren. Öffnung der v1 Motoren ist sinngemäss sehr ähnlich, nur ist dort der Motordeckel ohne Spezialwerkzeug zu öffnen, also wesentlich leichter).

• Laufrad ausbauen
• Alle Muttern etc beidseitig der Achse runternehmen
• Nur HR-Motor: Schraubkranzabzieher mit Sechskant in Schraubstock einspannen, Schraubkranz abziehen indem das Laufrad darauf aufgesetzt wird, im Gegenzeigersinn aufdrehen. Durch die hohe erzielbare Hebelwirkung über das eingespeichte Laufrad, geht das so viel leichter als mit Kabelpeitsche etc.
• Motor-Öffnungswerkzeug in Schraubstock einspannen (selbe Strategie wie mit dem Schraubkranzabzieher). Deckel öffnen indem wieder das Laufrad darauf aufgesetzt wird, im Gegenzeigersinn aufdrehen versuchen. Vorsicht, nicht zu brutal arbeiten, der Deckel ist aus Alu und die Sacklöcher, in denen die Dorne des Öffnungswerkzeugs ansetzt, aus Stahl - dh die Sacklöcher werden leicht "verschliffen" und damit wird der Deckel noch schwerer zu öffnen. Falls Deckel nicht aufgeht: erstmal das Öffnungswerkzeug mit einer Achsmutter gegen den Deckel vorspannen, damit er nicht abrutschen kann. Dazu sind M14-Beilagscheiben oder ein ca 10mm langes Rohrstück (oder grösser, es geht im Grunde jede kleine Platte mit einem Loch >=12mm und aussen >25mm) nötig. Evt mit Schlag oder Rüttelbewegungen den festsitzenden Deckel lösen. Falls das auch nicht hilft: Nabe zusätzlich mit Heissfön stark anwärmen (es kann dabei eigentlich kaum etwas kaputtgehen - die Wicklung verträgt ca 180°C - abgesehen davon wird sie meist ohnehin nur getauscht, wenn sie ohnehin schon kaputt ist). Wieder aufdrehen versuchen - irgendwann geht der Deckel runter. Man kann zur Verstärkung der Hitzewirkung auch die Nabe mit Heissfön, und den Deckel selbst mit Kältespray behandeln - unsere Erfahrung ist allerdings, dass der Kältespray wenig bis nichts zur Lösung beiträgt. Sehr effektiv sind hingegen Schlag- und Rüttelbewegungen. Es kann auch statt des Öffnungswerkzeuges mit nicht zu harten Metallbolzen (ideal: Messing) schräg in die Sacklöcher geschlagen werden.
• Wicklung samt Deckel aus der Nabe herausheben
• Getriebeseite: Dünne 12er-Scheibe(n) entfernen (falls vorhanden), Sprengring aufmachen, der das Getriebe hält, dünne 14er-Messingscheibe drunter entfernen. Diese dünnen 12er Scheiben bestimmen das seitliche Spiel des Motors. Eine Scheibe mehr oder weniger kann uU die Lärmentwicklung des Motors beeinflussen (muss aber nicht). Das ganze ist ein komplexes Wechselspiel mit dem Rahmen, in dem der Motor verbaut ist.
• Getriebe abheben, evt mit 2 Schraubenschlüsseln "unterhebeln"
• Getriebe samt 14er-Scheibe, Sprengring, 12er-Scheibe auf die Ersatzwicklung genauso wieder montieren
• Deckel samt Lager von der alten Wicklung abziehen
• Deckel auf die neue Wicklung stecken, wieder zuschrauben. Ordentlich Fett am Gewinde kann nicht schaden, dann geht der Motor beim nächsten Mal wesentlich leichter auf.
• Nur HR-Motor: Schraubkranz wieder draufschrauben.

Zum Motoröffnungs-Werkzeug: Insb solange der Motor noch eingermassen neu ist (und hier wiederum insb bei VR Motoren, bei denen ja kein Drehmoment auf den Deckel einwirkt), müsste der Deckel auch ohne Öffnungswerkzeug zu öffnen sein, zb mit 3 Stk M5-M6-Schrauben in einem zb 70x70mm Holzbrett, das idealerweise mit Metall verstärkt ist - besser eine Metallplatte. Die Schrauben oder Dorne sollten 20mm herausstehen (und müssen am Ende möglichst plan gefeilt werden), Lochkreis 46.5mm, in der Mitte ein Loch von zb 25mm zum Durchstecken der Achse. Werkzeug in den Schraubstock einspannen, Motor mit der Achse voran durch das 25er Loch stecken, und im Gegenzeigersinn aufdrehen.

Mögliche Probleme:

• Motordeckel geht nicht auf: Achse unbedingt gegen den Deckel vorspannen (siehe oben), rütteln, Schlagwerkzeuge einsetzen, evt mit Messingstab gegen die Deckel-Sacklöcher schlagen, Nabe evt gnadenlos erhitzen, dann geht er schon auf. Unbedingt vor dem Schliessen massiv Fett auf das Gewinde, dann geht es beim nächsten Mal leichter. Auch aussen den Luftspalt zwischen Nabe und Deckel mit Fett gegen Feuchtigkeit und Korrosion schützen. Wirkt Wunder.
• Schraubkranz bleibt am Motordeckel, dh Deckel und Kranz schrauben sich gemeinsam auf: egal, Hauptsache der Motor ist offen. Einfach nachher wieder gemeinsam montieren.
• Deckel herunter, aber Lager bleibt auf der Achse stecken: Das Lager geht schon irgendwie runter - Achtung, Wicklungsdraht dabei nicht beschädigen.
• HR-Motor-Deckel kommt gleich samt dem Schraubkranz runter

Hallsensor(en) ersetzen

Zum Ersetzen eines oder mehrerer Hallsensoren muss auch das magnetische Material samt Glocke von der Wicklung entfernt werden. Dazu sollte vor dem Öffnen des Motors (zur Not auch wenn er schon offen ist), festgestellt werden, welche Hallsensoren überhaupt defekt sind, das erspart viel Arbeit (siehe auch: Technik/Fehler-Analyse).

Arbeitsschritte nach dem Abheben des Getriebes:

• Haltekeil und Sprengring unter Haltekeil entfernen
• Sonnenrad entfernen: Dazu müssen die 3 mit Gewindekleber gesicherten (!) Kreuzschlitzschrauben geöffnet werden. Falls Sie sich nicht öffnen lassen, evt zuerst mit Fön anwärmen, wenn sie gar nicht gehen, evt aufstemmen und wenn der Kreuzschlitz demoliert ist nachher neue reingeben (wieder sichern!) - sind Standardschrauben (Senkkopf, M4x8).
• Nach dem Abheben des Sonnenrades kann die Wicklung aus der Magnetglocke herausgedrückt werden: Dazu Achse ausserhalb der Glocke evt etwas fetten, und mit der Achse zb in ein Holzbrett "einstechen" und die Glocke gegen den magnetischen Widerstand nach unten drücken. Wenn sich das Lager auf der Achse etwas verhakt, nochmal dort fetten, und einfach ein paar Mal das Achsende gegen das Holz schlagen, das ganze hält schon was aus.
• den richtigen defekten Hallsensor ersetzen - er ist an der Farbe des Signal-Zuleitungsdrahtes erkennbar (gelb, grün oder blau). Dazu nicht die Fäden durchschneiden, die die Zuleitungskabel halten, sondern mit Pinzette vorsichtig die Anschlusskabel lockern (haben gute Bewegungsschleifen), den Sensor aus der Nut lösen (ist festgeklebt), Beine abzwicken, neuen mit Schrumpfschläuchen anlöten, und wieder mit etwas Metallkleber in Nut hineinkleben. Möglichst testen vor dem Zusammenbau - evt mit externem Magnet.

Anmerkung zur Wasserdichtheit des Motors: Die möglichen Haupteintrittspunkte für Wasser sind primär

• die Achse
• und sekundär der/die Deckel.

Die Achse ist an der Übergangsstelle des Motorkabels von der Achse in den Motorinnenraum durch eine Art "Siphon", der mit Dichtungsmasse gefüllt ist, abgedichtet. Wenn Sie also den Motor also schon soweit offen haben, dass Sie die Glocke (das magnetische Material) von der Wicklung entfernt haben, liegt diese Stelle nun leicht zugänglich vor Ihnen. Mittels Wasser oder besser einer leicht verdampfenden Flüssigkeit wie Alkohol, kann nun über die Achse etwas Flüssigkeit eingefüllt werden, und beobachtet, ob diese am Siphon wieder austritt. Ist das so, kann das Silikon ersetzt werden und damit uU die Dichtheit wesentlich verbessert werden. Weiters empfiehlt es sich, die Deckelränder sowie das Gewinde zu fetten, wenngleich der Angriffspunkt für Wassereintritt dort rel. unkritisch ist. In jedem Fall hilft es, die Hohlachse im Fahrrad so zu montieren, dass das Kabel "nach unten" aus der Achse wegführt, da in dieser Position Regenwasser von oben zuverlässig am Kabeleintritt vorbeifliesst. Weiters sollten die äusseren Lager aussen mit einem an der Motoraussenseite aufgebrachten Fettring vor Salz/Wasser geschützt werden: Ein echter Wassereintritt ist dort zwar nicht zu erwarten, aber das Fett schützt das Lager vor Ausspülung und Korrosion.

abschliessend:

der erste Hallsensor ist etwas fummelig zum Reparieren, ab dem zweiten ist es fast Routine... good luck :-)

falls "es" misslingt: Man kann Wicklungen auch als ganzes tauschen, mit oder ohne Glocke/magnetischem Material. Dies empfiehlt sich insb immer dann, wenn Fehler auftreten, die sich sonst nicht lokalisieren lassen, und das ganze Restsystem gecheckt wurde (wie seltsame Aussetzer etc.).

die folgenden Fotos wurden noch mit v1 gemacht, es hat sich aber in v2 "innen" wenig verändert.

Weitere mögliche Fehler-Symptome:

Motor dreht sich hörbar aber Nabe nicht (seltenes Phänomen)

dafür gibts (wenn es wirklich das ist.. ) nur 2 Gründe:

- Freilauf defekt
- Hohlrad in der Nabe hat sich gelöst oder fehlt überhaupt (letzeres: wenn es unser Motor ist - sehr peinlich)

Allerdings kann ein (Reibrollen)-Freilauf auch manchmal durchdrehen, manchmal nicht: Man kann ihn abwechselnd erhitzen/kalt machen (Kältespray) und vorsicht mit Kunststoff-Hammer draufklopfen, um die Reibrollen zu korrekter Funktion zu animieren. Kann durchaus eine dauerhafte Lösung sein.

Motor macht sporadische Aussetzer, und/oder seltsame Schleifgeräusche

Wenn Kontaktprobleme und Probleme der Steuerung ausgeschlossen werden können (zb durch Auskreuzen): Möglicherweise schleift die Wicklung (oder eine Ihrer Zuleitungen) am Motordeckel und der Deckel hat auf diese Art bereits die Isoliierung beschädigt? Schleifspuren müssten am Deckel erkennbar sein, Isolationsfehler sind idR auch sichtbar. Lösung: Wicklung kann gnadenlos mit einem Gummi- oder Kunststoffhammer "niedergeschlagen" werden, und dort evt auch mit Lack oder Kleber fixiert werden. Klingt zwar russisch, kann aber durchaus eine dauerhafte Lösung sein.

Motor macht zyklische seltsame Geräusche

Motor öffnen, Freilauf prüfen: Der Freilauf muss sich mit dem Finger ganz "smooth" drehen lassen, es sollte keine hakelige Stelle geben. Wenn es doch eine gibt, könnte die der Grund sein. Die Reibrollen sind wohl nicht (mehr) perfekt. Ansich harmlos. Manchmal ist auch der Freilauf perfekt, und das Geräusch ist trotzdem da. Hier hat es manchmal schon geholfen, den Motor zu öffnen, wieder zu schliessen und das Geräusch war einfach weg. Wie Sie sehen, wir wissen auch nicht alles..